Projektverlauf/-beschreibung

 

(Kurzfassung)

 

Mitte November erhielten wir die Wettbewerbsausschreibung „Wie lebt eine Henne“. Da wir in einer sehr ländlichen Gegend leben, in der viele Kinder noch die Gelegenheit haben ein eigenes Tier zu halten, dachte ich zunächst, dass eine nähere Beschäftigung mit diesem Thema nicht nötig sei.

Verlockend  war allerdings bei genauerem Hinsehen das in Aussicht gestellte Informations- und Überraschungspaket für die Klasse, verbunden mit der Möglichkeit, sich intensiv mit artgemäßer, verantwortungsvoller Tierhaltung und der daraus auch für Kinder nachvollziehbaren und umsetzbaren Möglichkeit des Tierschutzes beschäftigen zu können. Motivierend wirkte auch das „etwas andere Thema Henne“ mit der projektorientierten Vorgehensweise sowie die Chance, eine (eh´ schon eingeplante) Klassenfahrt gewinnen zu können.

Da Projekte jedoch meist sehr zeitintensiv sind und sich das Arbeiten in verschiedenen Gruppen unter der Einbeziehung von Eltern anbietet, stellte ich diesen den Wettbewerb an einem Elternstammtisch Anfang Dezember vor. Die Eltern boten sofort ihre Hilfe an und schlugen (hier eigentlich noch zum Spaß!) zum Abschluss dieses Themas ein Hühnerfest vor, um die Klassenfahrt auf jeden Fall zu sichern. Am nächsten Tag stellte ich den Kindern den Wettbewerb vor - sie waren begeistert, stimmten einstimmig dafür und wollten sofort damit beginnen. Noch am gleichen Tag schickte ich also unsere Wettbewerbsanmeldung weg, ohne zu ahnen, was sich noch alles daraus entwickeln würde - und ohne ein passendes Thema formulieren zu können - die Lawine kam trotzdem schon ins Rollen!

Aus organisatorischen Gründen ruhte dann alles. Erst Anfang Februar sammelte ich mit den Kindern in einer Sachunterrichtsstunde Ideen zum Thema (zum Stundeneinstieg konnte ich bereits auf einige selbstgebastelte sowie selbstgemalte Hühner zurückgreifen! Wir überlegten: Was können wir alles tun? Was möchten wir unbedingt erfahren? Wie können wir uns für den Wettbewerb interessant machen? ...). Hier sprachen sich die meisten Kinder dafür aus, nur ein gemeinsames Buch zum Thema herzustellen, da sie im Sachunterricht  in letzter Zeit bereits zwei eigene Bücher (Kartoffel- und Waldbuch) hergestellt hatten und sie es nun mit einem „Klassenbuch“  versuchen wollten (trotzdem fertigten einige Kinder „nebenher“ doch noch ihr eigenes Buch an!).

Abends fand ein Elternstammtisch, an dem ich die  morgens gesammelten Ideen der Kinder vorstellte, zum Austausch und zur Planung des weiteren Projektablaufs statt.

Zaghaft machte eine Mutter, die längere Zeit aus gesundheitlichen Gründen an den vorangegangenen Zusammenkünften fehlen musste, auf die Möglichkeit aufmerksam, selbst Eier in einer Brutmaschine auszubrüten, um noch mehr Einsicht und Bezug zu den Hennen zu erhalten. Sehr engagiert und begeistert erzählte die sonst sehr ruhige Person von ihren ehemaligen Hühnern, von dem Erlebnis des Schlüpfvorganges... und machte so alle neugierig und brachte gleichzeitig den Anwesenden die Tiere so sehr nahe.

In einem folgenden Unterrichtsgespräch stellte diese Mutter den Drittklässern die Möglichkeit des Ausbrütens in der Schule vor. Dabei machte sie aber auch klar, dass dieses sehr viel Verantwortung, Rücksichtsnahme angepasste Verhaltensregeln und Einschränkungen für alle zur Folge hätte (bspw. das tägliche Abschließen des Saales, den wir dann jeden Tag selbst aufräumen und sauber halten müssten, die Übernahme von Aufgaben rund um die Eier und später dann die Versorgung sowie Pflege der Küken, das Absenken der Raumtemperatur etc.) - trotzdem stimmten alle Kinder dem Brutvorschlag begeistert zu.

Die meisten Bedenken hatte wohl ich -  wegen der Tierhaltung in der Schule. Diese zerstreuten sich allerdings etwas, als ich einerseits eine Internetseite einer anderen Schule fand, die auch in einer Brutmaschine Küken ausgebrütet hatte und nachdem ich andererseits ein Gespräch (zu diesem Zeitpunkt nur telefonisch) mit Prof. Dr. Storrer (Besitzer eines Arche-Nova Hofes und Biologiedozent sowie Fachleiter der PH Heidelberg) geführt hatte und dieser begeistert von unserem Projekt war. Er konnte sich keine Gründe vorstellen, die gegen das Ausbrüten sprechen könnten, vor allem, da wir zu diesem Zeitpunkt bereits wussten, wer später die geschlüpften Küken übernehmen würde! Er betonte, dass man mit nichts anderem mehr Tiernähe, Verantwortungsgefühl, Naturerlebnis etc. vermitteln könne.

Etwa zum gleichen Zeitpunkt begann die intensive Materialsuche zum Thema, verbunden mit einem Besuch der Kreisbücherei am 12. Februar 2004 mit entsprechendem Suchauftrag.

Eines Tages stieß ich beim Einkauf zufällig auf ein Küken - einen Schlüsselanhänger und kaufte diesen. Die Kinder sahen am nächsten Morgen den Anhänger und eines sagte spontan: “Den nennen wir Pieps!“ Ein anderes fügte hinzu: “Das ist unser keckes Küken Pieps!“ Und so wurde unser Klassenmaskottchen geboren und gleichzeitig das Projektthema formuliert: “Chicken Projekt - Das kecke Küken Pieps lernt seine Artgenossen kennen!“

Den ersten schulischen, persönlichen Kontakt zu Hühnern konnten die Kinder am 17. Februar 2004, im Rahmen einer Mühlenbesichtigung, bei der Oma einer Mitschülerin, aufnehmen. Ihre freilaufenden Hühner durften sie mit Futter locken, sie anfassen und beobachten. Ein echtes Erlebnis, da dort die Hühner sogar am angrenzenden Fluss, dem Glan, trinken und wir frisch gelegte Eier zum Ausbrüten aus den Nestern holen durften! An diesem Tag dichteten die Kinder ihr erstes Hühnerlied und sangen es auf dem ganzen Heimweg! Nachmittags fand ein weiterer Elternstammtisch statt, um dort einen groben Zeitplan für unseren Projektablauf, das Ausbrüten etc., zu erstellen.

Am 25.02.04, unserem ersten Projekttag, wurden die Eier, unter der Anleitung unserer „Hühnermutter“, für die Brutmaschine vorbereitet (von der natürlichen Schutzschicht befreit, beschriftet, Drehplan sowie Drehpfeile erstellt usw...), alle nötigen Schritte erklärt, u.a. auch der Dreh- und Versorgungsplan, und jedes Kind durfte mehrere Eier selbst bearbeiten und betten. Anschließend sahen wir uns gemeinsam den Film „Die Entwicklung vom Ei zum Huhn an“. Da uns ein Ei bei der Vorbereitung aufplatzte, nutzten wir die Möglichkeit, dieses genauer zu untersuchen - die Keimscheibe (das Ei war also befruchtet!), zwei verschiedene Eiweißschichten, die Hagelschnur und Luftkammer waren super zu erkennen.

Der zweiten Projekttag, der aus schulorganisatorischen Gründen erst am 02.03.04 stattfinden konnte, begannen mit der Einführung des Hühner-Raps. Anschließend folgte eine gemeinsame Erarbeitungs- und spätere Sicherungsphase: Wir sahen uns zunächst den Film “Legehennen in alternativen Haltungsformen“ zweimal an und besprachen abschnittsweise das Gehörte und Gesehene (der Film allein war für die Kinder zu anspruchsvoll/schwierig) und jedes Kind notierte sich das Wichtigste, bspw. über das natürliche Verhalten von Hühnern, sinnvolle Haltungsformen etc..

Hier stellten die Kinder zum ersten Mal fest, dass es die freilaufenden Hühner wesentlich besser haben und dass die Tierhaltung in Legebatterien grässlich und überhaupt nicht artgerecht ist. Sofort wollten sie gegen diese Form der Tierhaltung Protest einlegen, um eine frühere Abschaffung dieser Haltungsform zu erreichen. Es entstand in diesem Zusammenhang  die Idee von Protestplakaten und die künstlerischen Darstellung dieser nicht artgerechten Tierhaltung und einer Umfrage zum Konsumverhalten bei Eltern, Großeltern etc.. Erstaunlicherweise war den Kindern sofort klar, dass sie nur noch Eier von freilaufenden Hennen kaufen wollen, obwohl darüber noch gar nicht gesprochen wurde!

Das Unterrichtsblatt zum Wettbewerb half bei der anschließenden gemeinsamen Sicherungsphase des Gehörten sowie Gelernten. Beim anschließenden Verzehr des gemeinsam zubereiteten Bauernomeletts, mit Mohrenköpfen als Nachspeise, teilten wir die verschiedenen Bastelgruppen ein, deren Leitung einige Eltern übernahmen. Hier wurden Mobiles gebastelt, Hühnerspielfiguren getont sowie dazugehörige Spielfelder gedruckt, T-Shirts mit dem Klassenmaskottchen bedruckt usw.. Abends trafen wir uns zwecks weiterer Absprachen wieder zum Elternstammtisch. Das Hühnerfest wurde beschlossen und der Vorschlag der Kinder, ein eigenes „Pieps-Kochbuch“ zu machen, aufgegriffen.

Der nächste Projekttag, der 03.03.04 begann wieder mit dem „Hühner-Rap“ und der anschließenden Durchleuchtungs- und Aussortierungsphase unserer Eier. Ein absolut spannender Moment - viele Eltern waren nur zum Mitschauen gekommen. Jedes Kind durfte drei Eier beurteilen und den Herzschlag der Küken abhören. Nur wenige Eier waren zu diesem Zeitpunkt nicht befruchtet bzw. hatten sich nicht entwickelt.

In Partner- und Gruppenarbeiten informierten sich die Schüler anschließend weiter zu den von ihnen ausgewählten Themen, sie hielten ihre Ergebnisse für unser Hühnerbuch fest und stellten sie den Mitschülern in immer wiederkehrenden Kreisgesprächen vor. Eine Gruppe schrieb sogar ein eigenes Theaterstück mit dem Titel „Freiheit für die Käfighühner“, welches wir am Hühnerfest aufführten. Die einzelnen Rollen wurden, wie im richtigen Theater auch, mit einem Vorspiel der Bewerber (am 12.03.04) vergeben. An den folgenden Schultagen arbeiteten die Schüler dann immer nur stundenweise am Projekt weiter. Auch die Eltern trafen sich immer wieder zum Basteln, zum Anfertigen der Kostüme usw..

Am 12.03.04 folgte die zweite Durchleuchtungs- und Aussortierungsphase. Wieder ein extrem aufregender Moment mit sehr disziplinierten Kindern! Anschließend bauten alle zusammen ein Nest für die Küken, natürlich unter einer Rotlichtlampe mit Einstreu und abgerundeten Ecken, Futtertrog (mit „Kükenstarter“ gefüllt) sowie Trinkstelle etc.. Alle sehnten den Schlupftag herbei....

Montags, den 15.03.04 (à eigentlich der errechnete Schlupftermin nach 21 Tagen) sah man leider noch gar nichts, kein Ei war angepickt und uns überkam dann doch die Angst, dass kein Küken schlüpfen könnte. Gegenseitig, d.h. Eltern, Lehrer und Kinder beruhigten wir uns und verschoben die geplante Lesenacht um einen Tag bzw. um eine Nacht. Gleichzeitig stellten wir einen zweiten Brutautomat in die Schule, der vorher bei unseren „Hühnereltern“ gestanden hatte und mit dem die Temperaturreglung einfacher zu überwachen und die Temperatur konstanter zu halten war.

Dienstag, den 16.03.04 war es dann endlich soweit. Morgens waren einige Eier bereits angepickt, einige Küken piepsten. Damit wir das Schlüpfen besser beobachten konnten, „topften“ wir die angepickten Eier in die Brutmaschine mit Glasdeckel um und legten gleichzeitig die Eier, an denen noch nichts zu sehen war, in das andere Gerät. An diesem Tag war der „normale“ Unterricht nur schwer durchführbar, dauernd mussten wir wieder beobachten, die oftmals gut sichtbaren Eizähne bewundern usw.. Erschwerend kam hinzu, dass die Eltern den Klassensaal auch nicht mehr verlassen wollten. Eine Schülerin kam bereits beim ersten Küken auf die Idee, allen einen Namen zu geben sowie ihre Besonderheiten aufzuschreiben. Diese Aufgabe übernahm sie verantwortungsvoll bis zum Schluss, obwohl wir manchmal mit der gemeinsamen Namensgebung kaum nachkamen. Bereits unser zweites geschlüpftes Küken erinnerte alle so an unser Klassenmaskottchen “Pieps“, dass wir es sofort so tauften. .

Nur mit Mühe konnten wir die Kinder an diesem Tag nach Hause schicken, um ihre Schlafsachen für die heute stattfindende Lesenacht zu holen. Bereits um 16.00 Uhr waren alle Schüler und sehr viele Eltern wieder in der Schule, um das Ausschlüpfen weiter zu beobachten. Natürlich lasen wir zwischendurch in unseren Hühnerbüchern, arbeiteten an unserem Buch, lasen Geschichten zum Thema vor, machten ein Hühnerquiz und probten unser Theaterstück. Zum Abendessen gab es Eierpfannkuchen mit verschiedenen Füllungen.

Da durchgehend Eltern um den Brutapparat standen waren wir fast froh, als sich diese gegen 23.00 Uhr verabschiedeten!

Schulfrei wäre am nächsten Tag eigentlich nach dem Frühstück um 8.00 Uhr gewesen, die letzten Kinder sowie Eltern verließen die Schule allerdings erst um 12.00 Uhr. Zwischendurch kamen natürlich immer wieder Schüler aus den anderen Klassen, die auch an dem Ereignis teilhaben wollten. Dies ermöglichten wir allen Interessenten, wobei die Drittklässer durchgehend – auch an den kommenden Tagen - das Sagen hatten! Schon an diesem Morgen waren die ersten Küken soweit getrocknet, dass wir sie in ihren Karton, ihr zweites Zuhause im Lehrmittelraum, umsetzen konnten.

Die letzten Küken schlüpften schließlich am Freitag, den 19.03.04. Sie konnten noch an diesem Tag in ihr zweites Heim umziehen. Samstags schalteten wir schließlich die Brutmaschinen ab.

Bis zum 29.03.04 teilten wir (bereits am 17.03.04) alle Drittklässer in den Kükendienst ein. Dieser musste die Küken versorgen und vor allem den Karton sauber machen. Zum Schluss sogar in allen Pausen, da die Tiere unheimlich viel Dreck machten, sie aber auch so oft gestreichelt werden mussten! Hierfür kamen die Kinder auch oft früher und gingen später, sie mussten nie an ihre Aufgabe erinnert werden und wir (Hühnermutter und ich) staunten nicht schlecht darüber!

Am 23.03.04 besuchten wir mit der zweiten Klasse den bereits erwähnten Arche-Nova Bauernhof, auf dem die Schüler auch mal wieder andere Tiere sahen, und wo sie bspw. die Lämmer auf die Weide treiben durften, die Schweine bürsteten, den Eselsstall ausmisteten u.v.a.m. - ebenso ein toller Tag und ein unvergessliches Erlebnis!

Am 25.+26.03.04 legten wir spontan, mit entsprechender Elternunterstützung, zwei weitere Projekttage ein, an denen wir für unser Hühnerfest probten, bastelten, aufbauten sowie dekorierten, und an unseren Büchern arbeiteten. Gemeinsam überlegten wir uns die Fürbitten für die österliche Andacht (à für alle anwesenden Erwachsenen ein absolut ergreifender und eindrucksvoller Moment!). Für alle Beteiligten zwei sehr anstrengende, lange, aber lohnende Tage!

Sicherlich einer der Höhepunkte unserer Arbeit war das Hühnerfest, das am Samstag, den 27.03.04 von 14.00-18.00 Uhr in der Turnhalle stattfand. Ein Highlight unserer Aufführungen war unser Theaterstück „Freiheit für die Käfighühner“ und die von den Schülern selbstgeschriebenen Fürbitten, die den Zuschauern unter die Haut gingen.

Mit dem anschließenden Kaffee- sowie Kuchenverkauf, selbstgebackenem Brot mit „Eierschmeer“, dem Verkauf der selbst hergestellten Osterbastelein rund ums Huhn und dem Kochbuch war das Fest rundum ein voller Erfolg. Eltern, Kinder und Lehrer ernteten viel Lob und Anerkennung für ihre Leistungen und wir sind immer noch stolz auf die erzielten Ergebnisse!

Am 29.03.04 gaben wir unsere Küken an ihre vier neuen Besitzer ab. Bereits am 30.03.04 besuchten wir sie in ihrem neuen Heim. Dabei konnten wir feststellen, dass sie sich dort bereits heimisch fühlten - und wir waren sehr erleichtert darüber!

An den letzten drei Schultagen arbeiteten wir stundenweise an unserem Buch und machten es fertig, übten zwischendurch die Lernwörter für unser kommendes Diktat rund ums Thema Henne und wiederholten das Gelernte für den Sachunterrichtstest, der ebenfalls nach den Osterferien geschrieben wird, der allerdings kein Problem für alle sein dürfte!

In den Ferien mache ich noch, mit der Unterstützung einiger Eltern, den Wettbewerbsbeitrag  fertig – wir wählen Fotos aus, kümmern uns um die Website, schneiden das Filmmaterial etc. - und hoffen,  trotzdem etwas Erholung zu finden und weiterhin so viel Spaß an der intensiven Zusammenarbeit zu haben!